Europäische Wildkatze: Heimisch in unseren Wäldern
12.06.2024 - Lesedauer: 8 Minuten
Kaum jemand bekommt sie zu Gesicht, die wenigsten hören sie: Die Europäische Wildkatze. Das Tier bewohnte schon vor Tausenden von Jahren unsere Wälder und galt viele Jahre als ausgestorben. Seit einiger Zeit vermehren sich jedoch die Hinweise, dass die Europäische Wildkatze wieder in Deutschland heimisch ist. Als „ständig Gejagte“ lebt das Tier zurückgezogen in dichten Waldgebieten. Erfahre in diesem Artikel alles über Aussehen, Lebensraum und Verhalten der Europäischen Wildkatze.
- Woher stammt die Europäische Wildkatze?
- Wo in Deutschland gibt es Wildkatzen?
- In welchen Ländern lebt die europäische Wildkatze noch?
- Wie sieht eine Europäische Wildkatze aus?
- Steckbrief: Europäische Wildkatze
- Welche Arten der Europäischen Wildkatze gibt es?
- Was sind die Unterschiede zwischen Europäischer Wildkatze und Hauskatze?
- Kann man Wildkatzen zuhause halten?
- Ist die Europäische Wildkatze gefährlich?
- Was frisst die Europäische Wildkatze?
- Fazit: Europäische Wildkatze wieder vermehrt in Deutschlands Wäldern heimisch
Das Wichtigste in Kürze
- Die Europäische Wildkatze ist wieder heimisch in Deutschland. Das scheue Tier hat seinen Lebensraum in dichten und strukturierten Wäldern.
- Auch, wenn die Europäische Wildkatze der Hauskatze zum Verwechseln ähnlich sieht, stammen Wildkatzen von Nubischen Falbkatzen ab.
- Als stark bedrohte Tierart stehen Europäische Wildkatzen auf der Roten Liste in Deutschland. Kauf und Haltung ist Privatpersonen nicht gestattet.
- Europäische Wildkatzen sind echte Wildtiere und meiden den Kontakt zu Menschen. Als Haustiere sind sie daher gänzlich ungeeignet und können mit etwas Glück nur in ihrem natürlichen Lebensraum beobachtet werden.
Woher stammt die Europäische Wildkatze?
Die Europäische Wildkatze stammt, wie der Name vermuten lässt, aus Europa. Früher war die Wildkatze über den ganzen Kontinent verteilt. Als „Gejagte und Vertriebene“ gehört sie mittlerweile zu den bedrohten Tierarten.
Info: Welche Feinde hat die Europäische Wildkatze?
Neben Wolf, Fuchs, Mader und Luchs zählen auch Steinadler und Uhu zu den Feinden der Europäischen Wildkatze. Doch der größte Feind der Wildkatze ist die Hauskatze! Kommt es zur Paarung der Tiere, bringt das Weibchen sogenannte hybride Wildkatzen zur Welt – eine Gefahr für die Wildkatzenpopulation!
Wo in Deutschland gibt es Wildkatzen?
In Deutschland leben aktuell schätzungsweise zwischen 5.000 und 7.000 Europäische Wildkatzen. Die Tiere sind heimisch in unseren Wäldern und vorwiegend in West- und Mitteldeutschland sowie Bayern, Schwaben und der Oberpfalz zu finden.
Waldgebiete sind der bevorzugte Lebensraum der Europäischen Wildkatze. Das Tier ist in dichten und strukturreichen Wäldern heimisch, in denen es ausreichend Verstecke für die Jagd und Aufzucht der Jungtiere gibt. Speziell in Wäldern mit viel Totholz, Gebüschen, Hecken und Reisighaufen fühlt sich die Europäische Wildkatze wohl. Auch unterirdische Bauten von Füchsen und Dachsen sind beliebte Rückzugsorte.
Der immer geringer werdende Waldbestand macht das Leben für die Europäische Wildkatze schwer. Die hierzulande noch rund 30 Prozent vorhandene Waldgesamtfläche wird größtenteils für die Forstwirtschaft genutzt und bietet daher keinen optimalen Lebensraum. Tierschützer sind jedoch bemüht, dass Jäger, Landwirte und Förster den Schutz der Europäischen Wildkatze durch verschiedene Maßnahmen unterstützen.
Ein Wald, indem sich die Europäische Wildkatze wohlfühlt und der den optimalen Lebensraum bietet, muss verschiedene Kriterien erfüllen, wie unter anderem:
- strukturierte Waldränder mit offenen Lichtungen, Büschen und Hecken
- hoher Anteil an Totholz, viele Erd- oder Felshöhlen
- große und sonnige Weide- und Wiesenlandschaften
- naturnahe Fließgewässer wie Bäche und Flüsse
- keine naheliegenden stark genutzten Straßen
- keine Verwendung von Insektengiften oder anderen giftigen Substanzen
- keine freilaufenden Hauskatzen und Jagdverbot auf Hauskatzen (Verwechslungsgefahr!)
- keine massive Bewirtschaftung während der Wurfzeit (zwischen März und September)
In Deutschland lebt die Europäische Wildkatze vornehmlich in einigen Mittelgebirgen im Westen. Es gibt Populationen mit bis zu 1000 Tieren in der Eifel und im Hunsrück, auch im Pfälzer Wald und im Taunus kommt die Wildkatze vor. Ebenso ist die Europäische Wildkatze in einigen Waldgebieten in Mitteldeutschland wie dem Harz angesiedelt.
In welchen Ländern lebt die europäische Wildkatze noch?
Auch in anderen Regionen Europas hat die Europäische Wildkatze ihren Lebensraum wiedergefunden. Auf der Iberischen Halbinsel, dem Balkan sowie in Spanien, Portugal und Italien. Vereinzelt in Schottland, Frankreich und Belgien ist das Tier wieder zunehmend zu finden.
Weiterhin leben Europäische Wildkatzen in Teilen Osteuropas. Dort sind die Bestände an Wildkatzen zurzeit sogar höher als in West- und Mitteleuropa. Doch aufgrund der illegalen Jagd und des geringen Schutzes der Tiere verringert sich die Anzahl an Wildkatzen in den Gebieten rasant.
Wie sieht eine Europäische Wildkatze aus?
Europäische Wildkatzen haben im Vergleich zu silbergrauen Hauskatzen in der Regel ein verwaschenes, grau-gelbes Fell. Auch im Gewicht unterscheiden sich die beiden Katzenarten: Wildkatzen bringen bis zu acht Kilogramm auf die Waage, Hauskatzen lediglich rund fünf Kilogramm. Vor allem ausgewachsene Wildkater, auch unter dem Namen Wildkuder bekannt, sind meist schwerer als weibliche Wildkatzen.
Die Europäische Wildkatze ist mit knapp 90 Zentimeter Gesamtlänge in etwa so groß wie eine Hauskatze, wobei auch hier die Wildkuder dominieren. Doch durch das lange und dicke Winterfell wirkt die Europäische Wildkatze um einiges größer und kräftiger, als sie tatsächlich ist.
Zu den äußerlichen Besonderheiten der Europäischen Wildkatze gehören der breite, buschige Schwanz, der von zwei bis drei schwarzen Ringen und einer dunklen, stumpfen Spitze geprägt ist.
SteckbriefEuropäische Wildkatze
Name | Europäische Wildkatze (Felis Silvestris) |
Zuordnung/Abstammung | Säugetier aus der Familie der Katzenartigen, Abstammung von der Nubischen Falbkatze |
Fell | verwaschen, grau-gelb, heller Kehlfleck |
Größe | Gesamtlänge: rund 90 Zentimeter inklusive Schwanz
(Wildkuder meist größer als weibliche Wildkatzen)
Schulterhöhe: etwa 40 Zentimeter |
Ursprung/Verbreitung | Früher: ganz Europa
Heute: Iberischen Halbinsel, Balkan, Spanien, Italien, Portugal, Schottland, Ostfrankreich, Belgien, Deutschland |
Lebensraum | dichte Misch- oder Laubwälder mit Totholz und Hecken |
Besonderheiten | breiter buschiger Schwanz mit zwei bis drei schwarzen Ringen und schwarzer stumpfer Spitze |
Verhalten | Einzelgänger, scheu, lebt zurückgezogen,
nachtaktiv, ausgeprägter Geruchssinn,
guter Jäger mit eigenen Streifgebieten |
Lebenserwartung | Freilebend: zwischen 7 und 10 Jahre
In menschlicher Obhut: über 15 Jahre |
Fortpflanzung | Wurfzeit zwischen März und September, meist im Frühling (bei Verlust zweiter Wurf im Herbst)
Tragzeit zwischen 60 und 90 Tagen
etwa zwei bis maximal 6 Junge pro Wurf |
Nahrung | bevorzugt Mäuse, ansonsten Frösche, Eidechsen, Insekten, Kleinvögel und Kaninchen, wenig pflanzliche Nahrung |
Feinde | Wölfe, Füchse, Mader, Luchse, Uhu und Adler, Hauskatze aufgrund Genmischung bei Paarung (Hybride Wildkatzen) |
Gefährdungsstatus | stark gefährdet (Rote Liste in Deutschland), streng geschützte Art in Europa
(illegale Jagd, Verkehrsunfälle, Waldzerstörung) |
Welche Arten der Europäischen Wildkatze gibt es?
Die Europäische Wildkatze gehört der Familie der Katzenartigen, Gattung der Felis, an und stammt nicht, wie viele vermuten, von verwilderten Hauskatzen, sondern von der Nubischen Falbkatze ab.
Weltweit gibt es über 30 Arten der Europäischen Wildkatze. Dazu gehören unter anderem Nubische Falbkatzen, Sandkatzen, Schwarzfußkatzen, Rohrkatzen, Gobikatzen und Hauskatzen. Unterarten der Europäischen Wildkatze sind die Felis s. Silvestris und Felis s. Caucasia.
Eine nicht unbedenkliche Besonderheit ist der Mischling der Europäischen Wildkatze: Treffen Hauskatze und europäische Wildkatze aufeinander und es kommt zu einer Paarung der Tiere (Hybridisierung), bringt das Weibchen sogenannte Wildkatzen-Hybride zur Welt. Die Mischungen aus Haus- und Wildkatze nennen sich „Blendlinge“.
Die Nachkommen der Katzen sind aufgrund der gemischten Gene allerdings eine Gefahr für beide Rassen. Wildkatzen in ihrer Art könnten aussterben. Zudem kann die Hauskatze der Europäischen Wildkatze Hybrid nur bedingt in freier Wildbahn überleben. Auch Hybridzüchtungen der Wildkatze sind ein hohes Risiko.
Die Anzahl an Hybrid-Katzen in Deutschland soll derzeit bei etwa drei Prozent liegen. Vor allem in Baden-Württemberg leben laut Hinweisen mehr als in anderen Teilen des Landes. Zwar ist die Anzahl an Hybrid-Katzen in Deutschland noch gering, dennoch stellt die Hybridisierung eine Gefahr für die Wildkatzenbestände dar.
Halter von freilaufenden Hauskatzen sollten eine Vermischung von Hauskatze und europäischer Wildkatze vermeiden. So ist es ratsam, über eine Kastration beziehungsweise Sterilisation des Stubentigers nachzudenken. Lasse dich dazu am besten in deiner Tierarztpraxis beraten. Sterilisation des Stubentigers nachzudenken. Am besten ist es, den behandelnden Tierarzt zurate zu ziehen.
Fortpflanzung der Europäischen Wildkatze
Die Paarungszeit der Wildkatze ist üblicherweise zu Beginn des Jahres. Die Tragzeit beträgt zwischen 60 und 70 Tagen, sodass die blinden Jungtiere größtenteils im Frühling zur Welt kommen. Die Wurfzeit reicht jedoch bis September. Zu einem zweiten Wurf kommt es in der Regel nur bei Verlust des ersten Wurfes. Der Wurf einer Europäischen Wildkatze besteht aus zwei, maximal sechs Jungtieren.
Wildkatzen Mütter ziehen ihre Jungtiere allein groß. Anfang Sommer sind die Jungen bereit, mit der Mutter auf Jagd zu gehen. Im Spätsommer ziehen sie bereits selbstständig los, um Nahrung zu jagen. Der Kontakt zwischen Mutter- und Jungtier ist meist ab Herbst abgebrochen. Dann leben die jungen Wildkatzen ihr Leben als Einzelgänger.
Was sind die Unterschiede zwischen Europäischer Wildkatze und Hauskatze?
Trotz einiger Unterschiede im Aussehen ist die Europäische Wildkatze von der Hauskatze für Laien oftmals schwer zu unterscheiden. Besonders die Jungtiere der Wildkatze sehen einem Hauskätzchen mit wildfarbigem Fell sehr ähnlich. Um eine Verwechslung zu vermeiden, achte bei der Europäischen Wildkatze auf die Besonderheiten: Der breite buschige Schwanz und das verwaschene graugelbe Fell sind typisch für sie.
Hat die Europäische Wildkatze Kontakt zu einer Hauskatze, besteht Ansteckungsgefahr. Was viele nicht wissen: Wildkatzen sind anfällig für Infektionen und können diese übertragen.
Kann man Wildkatzen zuhause halten?
Die Europäische Wildkatze ist kein Haustier, mit dem du kuscheln kannst und das auf Katzenbäumen schläft – auch wenn die Tiere einem Schmusekater zum Verwechseln ähnlich sehen. Wildkatzen sind nicht für die Haltung im Haus geeignet, da sie an das Leben in freier Wildbahn gewöhnt sind und sich selbst versorgen können.
Ist die Europäische Wildkatze gefährlich?
Beim ersten Anblick mag die Europäische Wildkatze für viele Menschen wie die verschmuste Nachbarskatze aussehen. Doch der erste Eindruck täuscht, denn Wildkatzen sind keine Haustiere und meiden den Kontakt zu Menschen.
Die Wildkatze ist ein typischer Einzelgänger. Das scheue Tier zieht sich gerne in große und dichte Waldgebiete zurück, wo es sich nach der Jagd, zum Schlafen und bei Gefahren zwischen hohlen Baumstämmen und anderem Totholz versteckt.
Richtiges Verhalten im Umgang mit Wildkatzen:
- Komm Wurfplätzen und Verstecken von Wildkatzen nicht zu nahe. Die Tiere könnten merken, dass ihr Revier gestört wurde und den Platz nicht mehr aufsuchen.
- Einsame Wildkatzen oder Wildkatzen-Jungtiere nicht auf den Arm oder mit nach Hause nehmen. Fühlen sich die Tiere bedroht, könnten sie sich wehren.
Unabhängig davon, wie groß deine Tierliebe auch ist: Bemühe dich um Hilfe bei einer geeigneten Stelle! Tierheime, Einrichtungen für Katzenhilfe, Naturschutzbehörden oder der „Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland“ sind die richtigen Ansprechpartner, wenn du einsamen, kranken oder verletzten Wildkatzen im Wald begegnest.
Ein Tipp: Das Projekt „Vorsicht Wildkatze“ vom BUND gibt Tipps, wie Menschen sich bei Begegnung mit einer Wildkatze richtig verhalten.
Was frisst die Europäische Wildkatze?
Die Europäische Wildkatze liebt Fleisch. Vor allem Mäuse stehen bei der Wildkatze ganz oben auf der Speisekarte. Insekten, Frösche, Eidechsen und Kleinvögel fallen ebenfalls in ihre Ernährung.
Vorsicht gilt bei handelsüblichem Katzenfutter, denn Europäische Wildkatzen vertragen kein Katzenfutter aus dem Tierhandel. Sie versorgen sich selbst mit Futter aus der Natur. Herkömmliches Trocken- und Nassfutter für Hauskatzen stellt für Wildkatzen eine Mangelernährung dar. Zudem können die Tiere von dem Futter schwere Magen- und Darmprobleme mit Durchfall bekommen.
Übrigens: Wildkater haben größere Streifreviere!
Wildkatzen gehen nachts auf Jagd. Bei Wildkatern umfasst das Streifrevier eine Größe von etwa 20 bis 30 Quadratkilometern. Weibliche Wildkatzen bewegen sich gerade einmal in einem halb so großen Revier.
Fazit: Europäische Wildkatze wieder vermehrt in Deutschlands Wäldern heimisch
Lange Zeit galt sie als ausgestorben oder verjagt, doch mittlerweile ist die Europäische Wildkatze wieder vermehrt in Deutschlands Wäldern zu finden. Als bedrohte Tierart sind Haltung und Kauf der Wildkatze für Privatpersonen in Deutschland verboten. Zudem ist die Europäische Wildkatze kein Haustier, sondern ein Wildtier, das scheu und zurückgezogen als Einzelgänger lebt. Begegnest du im Wald einer kranken Europäischen Wildkatze, solltest du dich an eine geeignete Tierschutzstelle wenden und das Tier auf keinen Fall mit nach Hause nehmen.