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Springreiten – Teil der Reiterausbildung und doch ein umstrittener Sport

24.07.2024 - Lesedauer: 9 Minuten

Braunes Pferd springt über ein Hindernis.

Springreiten ist fester Bestandteil der reiterlichen Grundausbildung.

Wenn du dich für den Pferdesport als Hobby entscheidest, ist das Springreiten ein Teil deiner Grundausbildung. Durch das Springen über Hindernisse sollen deine Beweglichkeit, das Gleichgewichtsgefühl und die Sattelfestigkeit trainiert werden. Dem verantwortungsvollen Umgang mit dem Pferd kommt dabei eine entscheidende Bedeutung zu. Finde heraus, was dich beim Erlernen von Springreiten erwartet und wie du schonend und bewusst mit deinem Pferd arbeitest.

Das Wichtigste in Kürze

  • Springreiten ist eine fundamentale Trainingsform des Reitsports, wird aber auch als Wettkampfsport betrieben.
  • Wettkämpfe im Springreiten werden in unterschiedlichen Leistungsklassen ausgetragen, die sich am Können und der Leistungsfähigkeit von Pferd und Reiter orientieren.
  • Ein enges Vertrauensverhältnis zwischen Pferd und Reiter ist eine der Grundvoraussetzungen für das Springreiten.
  • Ob es sich beim Springreiten um Tierquälerei handelt, wird kontrovers diskutiert.

Was wird beim Springreiten gemacht?

Springreiten, im englischen Show Jumping genannt, ist eine von mehreren Disziplinen des Reitsports. Beim Springreiten absolvieren Reiter und Pferd einen Parcours aus Hindernissen in einer Arena. Die Hindernisse müssen in einer vorgegebenen Reihenfolge in möglichst kurzer Zeit überwunden werden. Das Umwerfen von Hindernissen oder das Überschreiten des vorgegebenen Zeitlimits haben Abzüge bei der Bewertung zur Folge. Der Schwierigkeitsgrad eines Parcours hängt nicht nur von der Anzahl und Höhe der Hindernisse ab, auch deren Anordnung und die Beschaffenheit des Untergrundes spielen eine Rolle. Springreiten als Turniersport und als Zugehörigkeit der Reiterausbildung ist fester Bestandteil des Reitsports.

Welche Voraussetzungen sind beim Springreiten wichtig?

Für ein erfolgreiches Springreiten ist eine vertrauensvolle Beziehung zu deinem Pferd von ganz besonderer Bedeutung. Pferd und Reiter müssen sich gegenseitig aufeinander verlassen können, damit es zu keinen folgenschweren Verletzungen kommt. Viele Pferdeexperten betrachten die Vertrauensbildung zwischen Mensch und Pferd als elementare Komponente des Springreitens.

Gut zu wissen: Dressurmäßige Grundlagen als Basis für das Springreiten

In einem Parcours wirst du nur dann Spaß und Erfolg haben, wenn du deinem Pferd die richtigen Kommandos gibst und es angemessen darauf reagiert. Dementsprechend sind die dressurmäßigen Grundlagen für das Springreiten besonders elementar. Dein Pferd lernt dabei, auf deine Kommandos mit den entsprechenden Bewegungen zu reagieren. Im Springreit-Parcours sind insbesondere enge Wendungen gefragt und müssen von dir und deinem Pferd sicher beherrscht werden.

Das Springreiten gehört für das Pferd zu den körperlich fordernden Disziplinen des Reitsports. Damit es seine Höchstleistung im Parcours erbringen kann, muss es auf die physischen Belastungen vorbereitet werden. Das Stärken der Muskulatur und des übrigen Bewegungsapparats wird in der Reiterszene als Gymnastizierung des Pferdes bezeichnet. Durch gezielte Übungen sollen Haltungsschäden vermieden und die Beweglichkeit insgesamt verbessert werden. Dazu zählen folgende Voraussetzungen beim Springreiten:

  • Vertrauensbildung zwischen Reiter und Pferd
  • beiderseitige Dressurerfahrung
  • umfassende Gymnastizierung

Was lernst du beim Springreiten zuerst?

Bevor du dich an dein erstes Parcoursspringen wagen kannst, steht die Dressurausbildung auf dem Programm. Davon profitieren Pferd und Reiter gleichermaßen. Durch das Dressurreiten wird dein Gespür für das Pferd geschult und du lernst, auf welche Weise du mit deinem Tier kommunizieren kannst. Auf der anderen Seite lernt das Pferd, deine Kommandos zu verstehen und darauf zu reagieren.

Klappt die Kommunikation zwischen Reiter und Pferd reibungslos, beginnt das eigentliche Springtraining. In der ersten Phase geht es dabei um vorbereitende Übungen, denn zunächst muss sich dein Pferd an die Hindernisse gewöhnen. Häufig werden am Boden liegende Hindernisstangen in dieser Phase eingesetzt. Sie geben dem Pferd die Möglichkeit, sich an das Bewegen über ungewohnte Gegenstände zu gewöhnen. Als nächstes steht die Trainingsgestaltung mit Cavaletti auf dem Programm. Bei Cavalettis oder Bodenricks handelt es sich um zwei kleine Böcke, zwischen denen sich eine Hindernisstange befindet. Durch das Drehen des Cavaletti in unterschiedliche Positionen lassen sich verschiedene Sprunghöhen einrichten. Meist liegt der Höhenbereich zwischen 15 und 50 Zentimeter. 

Pferd geht über mehrere am bodenliegende Stangen.

Wird die Stangen- und Cavalettiarbeit mit mehreren Hindernissen durchgeführt, ist der richtige Abstand wichtig. Dabei sind Gangart und Größe des Pferdes von Bedeutung.

Diese Hindernisabstände passen zu den verschiedenen Gangarten:

Schritt: 80 bis 90 cm

Trab: 120 bis 140 cm

Galopp: 250 bis 300 cm

Haben du und dein Pferd die Grundfertigkeiten erlernt, geht es an die ersten kleineren Sprungversuche. Dabei ist es entscheidend, dass du weder dich selbst noch dein Pferd überforderst. Zunächst wird mit einzelnen Sprüngen über niedrige Hindernisse begonnen. Hast du die ersten Versuche erfolgreich gemeistert, kannst du den Schwierigkeitsgrad unter Anleitung eines erfahrenen Trainers Stück für Stück steigern.

Wie ist der Sprungablauf beim Springreiten?

Das Springen über ein Hindernis ist ein komplexer Bewegungsablauf, der in mehrere Abschnitte unterteilt wird. Insgesamt differenzieren sich fünf Phasen.

Anreiten

Angeritten wird ein Hindernis im Galopp. Das Tempo ist dabei gleichmäßig und weder schleppend noch gehetzt. Als Anfänger näherst du dich dem Hindernis am besten mittig und in einer geraden Linie. Ideal sind kreuzförmige Hindernisse, da sich deren Mittelpunkt für einen ungeübten Reiter und auch für sein Pferd leicht ansteuern lässt. Der Mittelteil des Hindernisses ist zudem niedriger und wird von einem ungeübten Pferd leichter überwunden.

Absprung

Der Absprung ist ein entscheidender Moment des Bewegungsablaufs. Stimmt das Timing beim Abspringen nicht, drohen sowohl Pferd als auch Reiter gefährliche Verletzungen. Während dein Pferd bei niedrigen Sprüngen einen von dir schlecht gewählten Absprungpunkt noch kompensieren kann, ist dies bei höheren Hindernissen nicht mehr der Fall. Durch den Absprung wird der weitere Verlauf des Sprungs entscheidend beeinflusst. Wenn du das Grundlagentraining gewissenhaft absolvierst, eignest du dir ein Gespür für den passenden Absprungpunkt an.

Flugphase

Ist der Absprung geschafft, folgt die Flugphase. Beim Überqueren des Hindernisses kommt es in erster Linie auf dein Pferd an. Es beeinflusst durch seine Körperhaltung die Flugkurve und steuert das Anziehen und Strecken seiner Beine. Du als Reiter solltest während der Flugphase darauf achten, dein Pferd in seinem Bewegungsablauf nicht zu behindern und in seiner Konzentration zu stören.

Landung

Bei der Landung ist der Bewegungsapparat deines Pferdes hohen Belastungen ausgesetzt. Insbesondere die Vorderbeine werden durch das Abfangen des eigenen und des Gewichts des Reiters stark beansprucht. Für die Bewältigung der hohen physischen Belastungen ist intensives Vorbereitungstraining unerlässlich.

Weiterreiten

Ist das Hindernis überwunden, balancieren sich Reiter und Pferd zunächst neu aus und finden ihr Gleichgewicht wieder. Anschließend geht es im rhythmischen Galopp weiter zum nächsten Hindernis.

Wie heißen die Hindernisse beim Springreiten?

Ein vollständiger Parcours ist aus verschiedenen Hindernissen aufgebaut. Gebräuchlich als Hindernisse beim Springreiten sind Mauern, Hecken und Gräben. Eine oder mehrere Stangen stellen sowohl im Training als auch bei Wettkämpfen die wichtigste Kategorie von Hindernissen beim Springreiten dar. Die Stangen werden zu unterschiedlichen Hindernistypen kombiniert und sind ein grundlegendes Element eines jeden abwechslungsreichen Parcours.

  • Cavaletti: Das Cavaletti gehört zu den einfachsten Hindernissen beim Springreiten. Er wird meist zu Trainingszwecken eingesetzt. Verwendung finden einzelne Hindernisstangen, deren Enden an kleinen Böcken befestigt sind. Ist das Pferd noch untrainiert, sind Schaumstoffelemente eine schonende Alternative zu massiven Holzstangen.
  • Rick: Als Rick wird ein Hindernis bezeichnet, das aus ein bis drei übereinander angeordneten Hindernisstangen besteht. Ausschlaggebend beim Sprung über ein Rick ist die Höhe, die Weite spielt keine Rolle.
  • Kreuz: Kreuze werden ebenso wie Cavalettis gerne im Training verwendet. Sie bestehen aus zwei Hindernisstangen, die kreuzförmig angeordnet werden. Der Mittelteil ist niedriger als die Seiten und erleichtert ungeübten Pferden das mittige Überspringen.
  • Oxer: Der Oxer wird als Hochweitsprung bezeichnet. Er besteht aus zwei hintereinander angeordneten Stangen. Dadurch ist das Pferd gezwungen, nicht nur hoch, sondern auch weit zu springen. Die Höhe der beiden Hindernisstangen kann unterschiedlich ausfallen.
  • Triplebarre: Die Triplebarre setzt sich aus drei hintereinander aufgestellten Hindernissen zusammen, die sich in der Höhe unterscheiden. Höhe und Abstand der Hindernisstangen werden dem Können von Pferd und Reiter angepasst.
  • Wassergraben: Der Wassergraben oder Liverpool wird meist mit einem Stangenhindernis kombiniert. Die Hindernisstange erfordert eine gewisse Höhe, der Wassergraben eine ausreichende Weite des Sprungs. Das Pferd muss dabei beide Hindernisse in einem überqueren.

Welche Klassen im Springreiten gibt es?

Damit es bei einem Wettbewerb zu keiner Überforderung der Pferde und Reiter kommt, werden die Teilnehmer in unterschiedliche Leistungsklassen eingeteilt. Dabei reicht das Spektrum der Klassen beim Springreiten von E für Einsteiger bis S**** für die schwierigsten Parcours.

Klasse
Höhe
Weite
E-Springen (Einsteiger)
0,80 bis 0,90 m
0,75 bis 1,05 m
A*-Springen (Anfänger)
0,90 bis 1,00 m
0,85 bis 1,15 m
A**-Springen (Anfänger)
1,00 bis 1,10 m
0,95 bis 1,25 m
L-Springen (Leicht)
1,10 bis 1,20 m
1,05 bis 1,35 m
M*-Springen (Mittel)
1,20 bis 1,30 m
1,15 bis 1,30 m
M**-Springen (Mittel)
1,30 bis 1,40 m
1,25 bis 1,55 m
S*-Springen (Schwer)
1,35 bis 1,45 m
beliebig
S**-Springen (Schwer)
1,40 bis 1,50 m
beliebig
S***-Springen (Schwer)
1,45 bis 1,55 m
beliebig
S****-Springen (Schwer)
1,50 bis 1,60 m
beliebig

Wie hoch sind die Hindernisse beim Springreiten bei Olympia?

Die Olympischen Spiele stellen alle vier Jahre ein herausragendes internationales Event für die Vertreter aller teilnehmenden Disziplinen dar. Dementsprechend sind beim olympischen Springreiten die Höhen anspruchsvoll gewählt. Bei den letzten Olympischen Spielen in Tokio betrug die maximale Höhe der Hindernisse 1,65 Meter. Zwei Steilsprünge von mindestens 1,60 Meter mussten zwingend im Parcours enthalten sein. Diese enormen Anforderungen werden zumindest von einem Teil der Pferdefreunde kritisch hinterfragt und von Tierschützern als Tierquälerei bezeichnet und schlichtweg abgelehnt.

Ist Springreiten Tierquälerei?

Die Frage, ob Springreiten Tierquälerei ist, wird sowohl unter Pferdefreunden als auch in einer breiten Öffentlichkeit kontrovers, bisweilen auch sehr emotional diskutiert. Die Gegner des Springreitens sehen die Pferde als Sportgeräte missbraucht und unzumutbaren Qualen ausgesetzt. Sie fordern strengere Schutzmaßnahmen und die strikte Einhaltung der Tierschutzgesetze. Gänzlich unversöhnlich positioniert sich etwa die Tierschutzorganisation Peta, die den Reitsport aus ethischen Gründen kategorisch ablehnt und ein generelles Verbot von Reitturnieren fordert.

Die Befürworter unterstellen den Pferden hingegen Freude an der Bewegung im Parcours und betonen das enge Vertrauensverhältnis zwischen Reiter und Pferd. Dass es viele Reiter mit dem Tierschutz beim Springreiten ernst meinen, unterstreicht die Deutsche Reiterliche Vereinigung mit ihren „Ethischen Grundsätzen des Pferdefreundes“. Darin wird der psychischen und physischen Gesundheit des Pferdes und seinen natürlichen Bedürfnissen oberste Priorität eingeräumt. Ebenfalls betont die Leitlinie, dass sich die Nutzung des Pferdes an dessen Veranlagung, Leistungsvermögen und Leistungsbereitschaft orientieren müsse.

Diese ethischen Grundsätze werden allerdings längst nicht von allen Springreitern beherzigt, wie die Negativbeispiele der Vergangenheit zeigen. Außerhalb der Reiterszene hat das Springreiten in den vergangenen Jahren einiges an Ansehen eingebüßt. Springreiten als Sport wird zunehmend kritisch betrachtet. Dabei spielt die nicht bestreitbare Tatsache eine Rolle, dass Pferde Fluchttiere sind, die nur ausnahmsweise und in Bedrohungssituationen Hindernisse im Sprung überqueren. 

Fazit: Springreiten erfordert viel Übung und ein hohes Verantwortungsbewusstsein für das Pferd

Springreiten als Form des Pferdesports erfordert eine umfassende Ausbildung und viel Verantwortungsbewusstsein für das Pferd. Viele Pferdefreunde sind um den Tierschutz beim Springreiten bemüht, können jedoch teils schwerwiegende Verstöße gegen das Tierschutzgesetz nicht verhindern. Als Teil der Reitausbildung kommt dem Springreiten nach wie vor eine wichtige Bedeutung zu, von der Pferd und Reiter profitieren können.

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