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Die Winterstarre bei Europäischen Landschildkröten

07.08.2024 - Lesedauer: 6 Minuten

Europäische Landschildkröte im Gras

Viele Schildkröten, insbesondere alle Europäischen Landschildkröten, sind je nach Herkunftsgebiet praktisch gezwungen, im Winter eine Kältepause einzulegen. Hierbei werden das Immunsystem und der Stoffwechsel heruntergefahren. Diese Ruhephase ist unabdingbar und ein wesentlicher Bestandteil der natürlichen Lebensweise. Deshalb muss die Winterstarre auch in menschlicher Obhut durchgeführt und optimal nachgeahmt werden.

Die Winterstarre ist für Schildkröten enorm wichtig

Reptilien sind nicht fähig, ihre Körpertemperatur selbstständig auf dem Niveau zu halten, das für ihren Stoffwechsel notwendig ist. Mit der abnehmenden Intensität von Sonnenkraft und Tageslängen im Herbst reguliert sich die Körpertemperatur der Tiere allmählich herunter. Die Schildkröten ziehen sich bereits zurück, fressen immer weniger und graben sich irgendwann ein, um die kalte Jahreszeit in einer Starre zu überbrücken. Dabei werden Stoffwechsel und Immunsystem heruntergefahren. Daher solltest du sicherstellen, dass die Tiere gesund in die Winterzeit gehen – hierzu ist eine Kotuntersuchung auf Parasiten bis spätestens Ende August angezeigt, um gegebenenfalls ausreichend Zeit für eine Behandlung zu haben. Reptilienkundige Tierärzte bieten einen sogenannten Winter-Check-up an: Hierbei werden neben der Kot- noch weitere Untersuchungen vorgenommen – so musst du dir keine Sorgen während der Ruhezeit deiner Haustiere machen. Beendet wird die Kältestarre durch die im Frühling ansteigenden Umgebungstemperaturen. Setzt der Stoffwechsel wieder ein, suchen die Tiere Sonnenplätze auf und beginnen mit steigendem Appetit mit der Nahrungsaufnahme.

Die Winterstarre der Schildkröten im Kühlschrank

Immer mehr Halter gehen auf Nummer sicher und überwintern ihre Schildkröten im Kühlschrank. Die Tiefsttemperaturen sind bei der Winterstarre nämlich weniger das Problem, sondern die oftmals sehr warmen Tage im zeitigen Frühjahr, an denen der Stoffwechsel der Tiere hochfährt, obwohl im Anschluss nicht selten noch einmal der Frost kommt. Es ist also wichtig, dass die Temperaturen weitestgehend konstant sind.

Bei der Überwinterung im Kühlschrank musst du aber einiges beachten: Die Tiere sollten in einem speziell für diesen Zweck vorgesehenen Kühlschrank überwintern (und nicht etwa im Gemüsefach des Lebensmittelkühlschranks) und die Lichtquelle sollte entfernt werden.
In den üblichen Kühlschränken gibt es eine Kälteschichtung von unten nach oben, was bedeutet, dass unten die niedrigsten Temperaturen und oben die höchsten herrschen. Deshalb sind Kühlschränke, die über einen Lüfter verfügen, wie beispielsweise reine Getränkekühlgeräte, besser geeignet.
Bei modernen Kühlschränken entsteht beim Schließen ein starker Unterdruck, der gefährlich für die Tiere ist – daher sollte immer ein kleines Stück Luftschlauch aus der Aquaristik in die Tür geklemmt werden.
Den leeren Raum im Kühlschrank ergänzt du am besten mit gefüllten Wasserflaschen – so bleibt die Temperatur konstanter.
Natürlich sollte jeder Kühlschrank vor dem Einsetzen der Tiere eine Weile probelaufen, um Temperatur und Funktion zu testen. Bei älteren Kühlschränken ist eine Absicherung durch einen Frostwächter praktisch, falls der Thermostat ausfällt.

Noch besser eignen sich Weinkühlschränke – hier kann die Temperatur aufs Grad genau eingestellt werden, es entsteht kein Unterdruck und du kannst in der Regel durch eine Scheibe, die du ansonsten einfach abhängst, hineinblicken.

Die Landschildkröten überwintern bei 3 bis 7 °C.

Die Winterstarre der Schildkröten in der Überwinterungsbox

Überwinterst du deine Tiere nicht außen in einer speziellen Überwinterungsgrube für Landschildkröten, benötigst du Kunststoffkisten mit Substrat, in das sich die Tiere eingraben und zurückziehen können. Die Boxen werden dann wiederum im Kühlschrank oder in einem kühlen Keller gelagert.
Gartenhäuser, Gewächshäuser und Dachböden werden im zeitigen Frühjahr zu warm, was dazu führt, dass der Stoffwechsel der Schildkröten hochfährt und die Tiere wach werden. Dann haben sie eine zu kurze Pause oder müssen zu lange zwischengehältert werden – die Lebensbedingungen im Garten passen nämlich längst noch nicht. Womöglich kommen auch noch einmal frostige Nächte.

Grundsätzlich eignen sich Kisten aus Kunststoff am besten – sie lassen sich gut reinigen und lagern. Achte allerdings darauf, dass du immer nur ein Tier in eine Kiste setzt, um zu vermeiden, dass unruhige Tiere die anderen stören oder sich die Tiere beim Graben gegenseitig an den empfindlichen Augen mit den Krallen verletzen.

Das Substrat, in das sich die Landschildkröten eingraben, sollte stets ganz leicht feucht gehalten werden.
Fülle zum Beispiel den Boden der Überwinterungsbox mit einer Schicht Blähton oder Tongranulat. Befeuchte diese Schicht, decke sie mit einem Drainagevlies ab und klopfe eine weitere feuchte Schicht ungedüngte Gartenerde oder Rindenhumus darauf fest, und zwar doppelt so dick, wie der Panzer des Tieres hoch ist. Darüber legst du eine weitere Schicht mit lockerem Laub. Hier hat sich Buchen- oder Eichenlaub bewährt, denn es zerfällt nur langsam und beinhaltet keine bedenklichen Stoffe für die Tiere. Sammele dieses Laub aber bitte nicht von der Straße oder vom Waldboden auf, sondern pflücke die braunen Blätter am besten direkt vom Baum!
Eine dicke Schicht Kokoserde aus mit Wasser aufgeschwemmten Briketts hält die Feuchtigkeit in der Regel auch gut ohne eine zusätzliche Drainageschicht und kann bei Bedarf vorsichtig nachbefeuchtet werden.

Tiere, die du nicht im Kühlschrank überwinterst, müssen immer ratten- und mardersicher an einem frostsicheren Ort untergebracht werden, der nicht zu früh im Jahr zu warm wird, etwa alte Gemäuerkeller.

Vor der Winterstarre

Im späten Sommer – Ende August spätestens – sollte eine Kotprobe auf Parasiten untersucht werden. Warum so früh? Eine notwendige Behandlung bis zum vollständigen Ausscheiden des Medikaments dauert mehrere Wochen. Zudem kann es sein, dass eine Behandlung verlängert werden muss.

Ein häufiges Baden bis zum vollständigen Entleeren der Tiere macht man nicht mehr – die Bakterien und Mikroorganismen im Darm sollen auch im Winter etwas zum Bearbeiten haben.

Viele reptilienkundige Tierärzte bieten einen sogenannten Winter-Check-up an – hierzu gehören dann zu der Kotuntersuchung und einer Beratung je nach Absprache auch ein Röntgenbild (Zustand der Lunge, noch ungelegte Eier oder Blasensteine etc.) und eine Blutuntersuchung (Organwerte).

Nach der Winterstarre

Wird es draußen wieder länger hell und wärmer, kannst du die Tiere etwa ab Mai langsam zumindest tagsüber hinaus setzen. Die Nächte könnten noch zu kalt sein. Ungefähr zwei bis vier Wochen vorher beendest du die Winterstarre, indem der Kühlschrank ausgeschaltet beziehungsweise der Weinkühlschrank hochgeregelt wird oder die Tiere aus dem kalten Keller in einen kühlen Raum mit Licht gesetzt werden.
Dann solltest du Schritt für Schritt über mehrere Wochen wie in der Natur Lichtdauer und Wärme langsam erhöhen, sodass die Tiere die Sonne im Garten genießen können und dann auch wieder anfangen zu fressen, wenn der Stoffwechsel angelaufen ist. Hier also nicht zu ungeduldig werden!

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